von alice munro - wie gesagt - begeistert (sehr kunstvoll, sehr wahr), rick moody dagegen aufgegeben mit einem grund, den ich bisher noch nicht kannte - ich finde ihn sehr interessant, und sehr gut, aber ich kann ihn nicht lesen, er ist mir zu eklig.
Anobella - 18. Mai, 16:57
20
Mail Nummer 43 war natürlich von Axel gewesen, die Fotos von der Überwachungskamera. Edmund hatte Mühe, sie schnell genug wieder wegzuklicken, damit Zaki nicht erkennen konnte, worum es ging. Edmunds Profil war zu sehen, wie er die Fassade von Axels Haus beobachtete und gleichzeitig mit dem Messer auf die Reifen einstach.
Ich hab dich angezeigt, Edmund. Wenn du Krieg willst, kannst du ihn haben. Beste Grüße, Axel!
„Haben Sie Probleme mit Netzzecken?“, fragte Zaki mit gerunzelter Stirn. „Sollen wir jemandem einen Denkzettel verpassen? Ich habe da Verbindungen.“
Edmund wiegelte ab, fand es aber gut zu wissen, dass er einen Verbündeten in Zaki hatte. Vorerst beschloss er, sich nicht unterkriegen zu lassen und anonymisierte seinen Namen im Netz. Unter dem Avatar Der Welterklärer führte er einen Dialog mit Gitti, die sich ihm zuliebe Lavendel nannte, damit sie beide nicht von Axel entdeckt wurden.
Edmund schrieb:
- Der Mensch lebt in einer schizophrenen Situation. In einem nicht aufzulösenden Widerspruch zwischen Körper und Geist. Auf der einen Seite ist unser Körper mit seinen sinnlichen Wahrnehmungen psychisch-physikalischen eins zu eins der Außenwelt angepasst.
Gitti antwortete:
- Doch auf der anderen Seite wissen wir, dass die Realität nur Schein ist. Unser Verständnis des Absurden wird auf eine besondere Weise herausgefordert durch die Erkenntnis, dass die Erde rund, und das Universum begrenzt ist. Was wir wissen, widerspricht explizit unserer sinnlichen Wahrnehmung.
Edmund schrieb:
- Physisch agieren wir, als sei die Erde fest und plan. Intellektuell ist uns klar, dass uns nur der Magnetismus hält.
Gitti antwortete:
- In diesem Widerspruch leben wir. Wir können die Welt nanogenau erforschen, aber werden niemals erfahren, was ihr tieferer Sinn ist. Warum wurde das Leben kontradiktorisch konzipiert? Warum widerspricht der Geist dem Körper? Warum ist die Welt nicht so, wie sie scheint?
Edmund lachte:
- Ich werde den Eindruck nicht los, dass es ein Narzisst ist, der – quasi als Mastermind – hinter der Bühne steht und uns wie Figuren in einem Spiel hin und her schiebt, um sich zu amüsieren: Jenseits von Gut und Böse.
Ein Tiefseefisch plärrte dazwischen:
- Siehe Naturkatastrophen und die ganze Scheiße.
Axel hatte sie gefunden.
Kurz entschlossen richtete Edmund ein neues Philosophieblog ein, zu dem er Axel nicht mehr einlud. Das andere ließ er auslaufen mit der Begründung, die Speicherkapazität sei aufgebraucht. Mit nur wenigen, handverlesenen Autoren zog er auf ein neues Blog um und übernahm allein die Chefredaktion. Er schrieb einen Newsletter und schickte ihn an Zeitschriften, Fakultäten und Institute - und voila! – nicht wenige meldeten sich als Kommentatoren auf seinem neuen Blog an. Sie waren begeistert davon.
Axel torpedierte natürlich das Projekt. „Es gibt ein neues Philosophieblog, Leute“, schrieb er, „klickt mal rein! Feine Sache! Einige Fehler sind dem sattsam bekannten Betreiber unterlaufen, auf der Eingangsseite, dem Impressum und dem Disclaimer. Außerdem gibt es enorme Sicherheitslücken. Trotzdem Glückauf! Ich werde euch im Auge behalten! Freue mich besonders auf die Einträge von Sebastian Rastach, den ich seit Jahren im Netz verfolge.“
Verfolgen war der richtige Ausdruck. Rastach hasste Axel und litt seit Jahren darunter, dass er ihn nicht mehr loswurde.
Axel listete alle bisher aufgetretenen Fehler des Blogs auf: Probleme mit Zitaten, dem Urheberrecht, Bannerwerbung, dem Layout, und, ganz schlecht, mit der Benutzerfreundlichkeit. Es gab keine Suchfunktion und kein Archiv. Die ihn, Axel, davon abhielt, Mitglied in Edmunds Philosophieblog zu werden. Um es direkt heraus zu sagen: Schade. So ein vielversprechender Ansatz, zum Scheitern verurteilt! Er hätte gern den einen oder anderen Text beigetragen, aber unter diesen Voraussetzungen? Unmöglich. Ein fader Nachgeschmack bleibe, besonders weil der selbsternannte Vorzeigechefredakteur aus dem Büro blogge. Wenn das der Arbeitgeber wüsste ... uh ... oh ... das gäbe Ärger!
Und Axel unterlegte seinen Beitrag mit der Arbeitsagentur Frankfurt, damit sie seinen Beitrag fand.
P.S. Die Beiträge von Rastach reißen es im Übrigen auch nicht heraus.
Sebastian rief bei Edmund an. „Kann man dagegen nicht gerichtlich vorgehen?“
„Gerichtlich? Im Netz? Machst du Witze?“
Trotzdem rief er beim Landeskriminalamt an. Er schilderte die Situation mit Axel, wie er verfolgt und belästigt wurde. Axel Cremer gehöre in die Gefährderdatei aufgenommen.
Schweigen am anderen Ende der Leitung.
Diese Datei hätte man in Bremen angelegt.
Wieder Schweigen.
Gäbe es das auch für Hessen?
Schweigen.
Edmund begann noch mal von vorn. Er erlebe gerade einen Fall von Stalking, da müsse etwas unternommen werden. Der Kerl habe ihm zu Hause aufgelauert und Edmund könne nicht einschätzen, wozu er alles noch fähig war. Er meine, eine kaum noch beherrschbare Wut in sich zu entdecken. Verzeihung, in Axel.
„Sind Sie mit ihm zusammen?“, wollte der Beamte wissen.
„Herrgott, nein.“ Edmund fand die Frage völlig unpassend und merkte langsam, dass das Gespräch Zeitverschwendung war. „Ich habe ihn im Netz kennengelernt. Erst hat er mir meine Ideen geklaut, dann war er sauer, weil ich das nicht zu würdigen wusste.“
Schon hörte er, wie der Beamte nach Zettel und Stift griff und nach seiner Adresse fragte.
Edmund verlangte, an eine kompetentere Stelle verbunden zu werden.
Adresse und Telefonnummer bitte.
Er legte auf und suchte die Nummer eines stadtbekannten Frankfurter Hackers heraus, der Axels Blog ins Jenseits befördern sollte. Es ging nicht an, dass Axel ihm unterstellte, von der Arbeit aus zu bloggen und die Unterstellung mit der Webseite der Arbeitsagentur Frankfurt unterlegte. Das konnte ihn in Teufelsküche bringen.
„Sie werden von einem Stalker verfolgt?“
Fragend blickte ihn der Abteilungsleiter von der Tür aus an.
Edmund hängte den Hacker ab, der sich gerade die betroffene Webseite notieren wollte.
„Ist es vielleicht dieser hier?“ Der Abteilungsleiter reichte ihm ein Blatt herüber. „Jemand hat mir eine Mail geschickt, dass Sie den ganzen Tag im Netz sind. Ein Blog unterhalten? Was ist das?“ Er reichte Edmund einen Ausdruck:
Vielleicht ist es von Interesse für Sie, zu erfahren, dass Edmund Görtz, Fallmanager in der Arbeitsagentur Frankfurt, von seinem Rechner aus rund um die Uhr ein Philosophieblog betreut, das sehr viel Pflege erfordert: Beiträge müssen gelesen, korrigiert und editiert werden. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Görtzs eigentliche Aufgabe ist. Beziehungsweise ist es für mich kein Wunder, dass es dem Staat nicht gelingen will, so die Arbeitslosen von der Straße zu holen. Der besorgte Bürger.
Finster nickte Edmund. „“Wegen dem habe ich gerade eben mit der Polizei telefoniert! Er will mich fertig machen. Er heißt Axel Cremer und flippt aus, weil ich nichts mit ihm zu tun haben will.“
„Aha.“ Der Abteilungsleiter nahm auf dem Besucherstuhl vor Edmunds Schreibtisch Platz. „Ihre Antwort auf diese Mail“, er deutete auf das Papier in Edmund Hand, „ist also, dass es nicht stimmt, dass Sie dieses Blog von hier aus betreuen?“
Edmund lächelte ihm zu. „Natürlich nicht. Axel ist eifersüchtig. Es sind private Motive.“
Forschend sah ihn der Abteilungsleiter an. „Also doch was Privates? Ich gestehe, ich kann Ihnen nicht mehr folgen. Wir hatten gehofft, Herr Görtz, dass sich das mit dem Internet bei Ihnen gelegt hätte. Haben Sie denn den Betriebspsychologen aufgesucht, wie wir es Ihnen vorgeschlagen hatten? Wir hatten ein Suchtproblem bei Ihnen diagnostiziert. Als Sie diesen schwierigen Tag hatten, Sie erinnern sich?“
„Der Betriebspsychologe ist übrigens eine Betriebspsychologin“, nickte Edmund. Sehr klug! Wir kämpfen an erster Front, sagte sie. Also die Fallmanager. Sie war sehr gut vorbereitet auf das Gespräch.“
„Das freut mich. Hat sie sie auf den volkswirtschaftlichen Schaden hingewiesen, der dem Arbeitgeber durch die Surferei der Angestellten entsteht?“
Edmund schüttelte den Kopf. „Sie machte nicht viel Federlesens. Ging nach einer kurzen Sozialanamnese zum praktischen Teil der Therapie über, das fand ich sehr erfrischend. Sie schlug mir eine Wellnesstherapie vor. Nicht ganz billig, aber nächstes Jahr werde ich das ausprobieren. Sagt Ihnen Lomi Lomi was? Der neueste Schrei.“ Edmund machte eine nachdenkliche Pause. „Aber ich kann Sie beruhigen. Tagsüber surfe ich nicht mehr. Sie können es sich anschauen.“
Er drehte dem Abteilungsleiter seinen Bildschirm zu.
Edmund log nicht. Er hatte zuletzt nach einer Autobahnmeisterei gesucht, für einen seiner Jugendlichen. „Der Job ist anspruchsvoller als die Entsorgungsbetriebe. Sie sperren Baustellen ab, um die Hecken auf dem Zwischenstreifen zu schneiden. Und dann gucken sie zu, wie sich auf der Autobahn der Verkehr staut.“ Edmund lachte. „Nur ein Witz. Es gibt 180 Autobahnkilometer in Frankfurt, die gewartet werden müssen. 32 Mitarbeiter, und sie bilden aus.“
Der Abteilungsleiter hatte an der Adresse, die Edmund besucht hatte, nichts auszusetzen.
„Und was diese Anschuldigung betrifft“, Edmund reichte ihm die Mail zurück, „so entbehrt sie jeder Grundlage. Ich halte mich an das, was wir besprochen haben. Kein Surfen auf der Arbeit. Sie können das nachprüfen. Ich gehe nur kurz während der Mittagspause ins Netz und schaue, ob nicht irgendeine Schmeißflie... irgendjemand geantwortet hat. Diese Mail ist eine Denunziation.“
Sein Telefon klingelte. Er versuchte, die Nummer auf dem Display zu entschlüsseln. Lüneburg? Keine Ahnung. Wer sollte das sein?
„Telefonieren Sie nur!“, ermunterte ihn der Abteilungsleiter.
Es war der Polizist von eben. Sie seien leider unterbrochen worden, er habe die Gelegenheit genutzt, sich in der Stalkingsache kundig zu machen.
Edmund legte die Hand über die Muschel. „Die Polizei“, flüsterte er in der Hoffnung, dass der Abteilungsleiter verschwinden würde, aber er machte keine Anstalten, aufzustehen.
„Ja, Görtz ... Arbeitsagentur Frankfurt ... korrekt ... Rechte der Opfer gestärkt? ... Anzeige notwendig? ... Interressant ... Aha ... Soso ... Sicherheitszone von zwei Kilometern? ... Jo, das müsste reichen ... Ja, es handelt sich um einen Mann ... “, Edmund lachte wieder, „... vielen Dank noch ... ich melde mich noch, falls es eskalieren sollte ... Prävention ... ist klar ... danke für Ihren Rückruf!“
Edmund legte auf und sah den Abteilungsleiter mit gefalteten Händen an. „Dann wäre das ja geklärt. Ist noch was?“
Anobella - 18. Mai, 12:17
... gibt es hier.
habs verlinkt, falls ihr mal was suchen wollt. heute abend um acht gibts was ... das ist was für fernsehabschaffer und einsame herzen, glaube ich, die uhrzeit. webradio ist durch das gebläse aber grenzwertig ...
nach wie vor weiß ich nicht, was die autoren davon haben sollen, dass man sie nicht abhören kann, wenn man will ... die werden einmal gesendet und aus die maus.
*hab eine krimihörspiel-cd bestellt, hatte die wahl zwischen jerry cotton und roald dahl
Anobella - 18. Mai, 09:54