Ein Tag aus Anobellas Leben
Anobella erwacht. Der Tag sieht weniger vielversprechend aus, als ihr der Wetterdienst am Vorabend versprochen hat. An sich ist Anobella nicht wetterwendisch und Klimaumschwünge machen ihr nichts aus, im Gegenteil: Eigentlich kann sie jeden Tag so nehmen, wie er ist. Diesen jedoch nicht: 78 Prozent Luftfeuchtigkeit, Windstärke 5 km/h.
Eine halbe Stunde kämpft Anobella mit dem Rinnsal aus der Dusche, dann öffnet sie den Eisschrank und überprüft, was drin ist.
Es ist nichts drin, oder fast nichts: Kapern, Oliven, getrocknete Tomaten. Nichts für morgens also.
Zum Bäcker kann sie nicht gehen, ohne vorher auf der Bank gewesen zu sein, da sie am Vortag ihre letzten mickrigen 25,99 Euro für eine Tintenpatrone der Marke Hewlett & Packard Nummer 22 ausgegeben hat, die aber in ihren alten Drucker passt und nicht in ihren neuen. Ihr neuer Drucker braucht die Patrone Nummer 300. Umtauschen kann Anobella die Patrone nicht mehr, da sie in einem Wutanfall die Verpackung in einer Art und Weise aufgerissen hat – die Verpackungen sind vierfach gefältelt und vernietet, und die Patrone schält sich wie eine kleine russische Babuschka heraus – dass sie niemandem mehr zurückzugeben ist.
Ich muss unbedingt geduldiger werden, denkt Anobella.
Anobella läutet beim Nachbarn und fragt ihn lächelnd nach einem Ei. Dieses Mal ist sie sicher, dass sie es schaffen wird, etwas von ihm auszuleihen, ohne eingeladen zu werden.
Eineinhalb Stunden später ist Anobella wieder zurück in ihrer Wohnung und kann sich erst dem Eikochen, später dem Tagesgeschäft widmen. Sie soll eine Pressemitteilung zum Thema Bohnerwachs schreiben. Das kann nicht so schwer sein, denkt Anobella, auch wenn Bohnerwachs heute ein bisschen aus der Mode gekommen ist: Aber das kommt ja auf die Treppe an. So könnte sie ja anfangen, das kommt die Treppe an.
Anobella kaut am Stift.
Das Wetter verschlechtert sich. Was morgens nur grau gewesen war und eintönig, sieht gegen Mittag schwarz und lebensbedrohlich aus. Eigentlich sehr beeindruckend, nur im Moment passt es Anobella nicht, Anobella würde gern in den Park gehen und dort über den verfluchten Bohnerwachs weitermeditieren.
Zeilenstand: Viereinhalb im Fließtext.
Anobella hat Hunger. Sie kocht Miracoli und verfeinert das mediterrane Gericht mit Kapern, Oliven und getrockneten Tomaten.
Draußen verfärbt sich der Himmel in bedrohliche schwarz-orangene Streifenmuster. Reine italienische Renaissance.
Anobella beschließt, in die Stadt zu gehen und eine neue Druckerpatrone zu kaufen. Den Einkaufszettel, auf dem mit einem Edding-Stift NUMMER 300 vermerkt ist, lässt sie auf dem Tisch liegen, bemerkt es schon draußen auf dem Bürgersteig, findet aber nicht die Kraft, zurück in die Wohnung zu gehen und den Zettel zu holen. Bis zum Karstadt spricht sie mantraartig Nummer 300, Nummer 300, Nummer 300, Nummer 300, Nummer 300.
Das Gewitter kommt herunter und Anobella wird nass bis auf die Haut.
Die Patrone Nummer 300 kostet fünf Euro mehr als die für den alten Drucker und Anobella geht griesgrämig zur Kasse.
Die Kassiererin zieht den Preis ab und Anobella reicht ihr - immer noch tropfend - ihre Karte.
„Das ist die AOK-Karte“, sagt die Kassiererin und reicht sie ihr zurück.
Anobella lacht. „Und beim Arzt mache ich es umgekehrt! Der kriegt dann die Bankkarte!“
Anobella lacht allein.
Anobella verlässt die Abteilung über den Hauptgang und betritt sie wieder über den Seiteneingang. Diskret prüft sie den Preis für die Druckerpatrone nach. Es kam ihr einfach zu viel vor, aber es hat natürlich alles seine Richtigkeit.
Anobella vergisst auf dem Rückweg, Brot und Käse zu kaufen.
Zu Hause reißt Anobella die Tintenpatronenverpackung auf die gleiche hysterische ARt und Weise auf wie die von Nummer 22. Das dauert natürlich viel länger, als wenn Anobella vernünftig vorgegangen wäre – weil Anobella dazu ein Brotmesser und einen Dosenöffner braucht – so dass sie erst zehn Minuten später die Patrone einsetzen kann.
Ihr Laptop meldet, ihre Tintenpatrone sei leer und sie möchte sich bitte bei Hewlett & Packard eine neue besorgen. In vorauseilendem Gehorsam verbindet sie ihr Laptop schon mal mit Hewlett & Packard und Hewlett & Packard meldet, es sei willing & able.
Nachdem sie das Fenster mit einem „Ok“ weggeklickt hat, erteilt Anobella den Druckauftrag vom Vortag neu, worauf ihr Samsung meldet, ihr Drucker hätte einen Papierstau. Deswegen leite Samsung sie jetzt um zu Hewlett & Packard, die anzeigen, dass ihre Tintenpatrone leer sei.
Anobella fährt den Laptop wieder herunter und wieder herauf.
Der Computer meldet, ihr Drucker hätte einen Papierstau und leitet sie um zu Hewlett & Packard, das weiterleitet zu Hilfe.
Anobella wiederholt diesen Vorgang drei Mal.
Das Telefon klingelt, der Nachbar ist dran und erzählt ihr eine Anekdote aus seinem ereignisarmen Leben, deren Pointe Anobella entgeht.
BOHNERWACHS!
Anobella geht zurück in ihr Arbeitszimmer. Der Drucker hat ihr Dokument sieben Mal ausgedruckt plus zwei Dokumente von vorgestern und das Papier ist alle.
Der Laptop meldet, das Papier sei alle und er habe eine neue Tintenpatrone eingesetzt.
Es ist Abend geworden. Anobella kocht sich erneut Miracoli, diesmal ohne Kapern, Oliven und getrocknete Tomaten.
Sommerloch, schwarzes Loch.
Eine halbe Stunde kämpft Anobella mit dem Rinnsal aus der Dusche, dann öffnet sie den Eisschrank und überprüft, was drin ist.
Es ist nichts drin, oder fast nichts: Kapern, Oliven, getrocknete Tomaten. Nichts für morgens also.
Zum Bäcker kann sie nicht gehen, ohne vorher auf der Bank gewesen zu sein, da sie am Vortag ihre letzten mickrigen 25,99 Euro für eine Tintenpatrone der Marke Hewlett & Packard Nummer 22 ausgegeben hat, die aber in ihren alten Drucker passt und nicht in ihren neuen. Ihr neuer Drucker braucht die Patrone Nummer 300. Umtauschen kann Anobella die Patrone nicht mehr, da sie in einem Wutanfall die Verpackung in einer Art und Weise aufgerissen hat – die Verpackungen sind vierfach gefältelt und vernietet, und die Patrone schält sich wie eine kleine russische Babuschka heraus – dass sie niemandem mehr zurückzugeben ist.
Ich muss unbedingt geduldiger werden, denkt Anobella.
Anobella läutet beim Nachbarn und fragt ihn lächelnd nach einem Ei. Dieses Mal ist sie sicher, dass sie es schaffen wird, etwas von ihm auszuleihen, ohne eingeladen zu werden.
Eineinhalb Stunden später ist Anobella wieder zurück in ihrer Wohnung und kann sich erst dem Eikochen, später dem Tagesgeschäft widmen. Sie soll eine Pressemitteilung zum Thema Bohnerwachs schreiben. Das kann nicht so schwer sein, denkt Anobella, auch wenn Bohnerwachs heute ein bisschen aus der Mode gekommen ist: Aber das kommt ja auf die Treppe an. So könnte sie ja anfangen, das kommt die Treppe an.
Anobella kaut am Stift.
Das Wetter verschlechtert sich. Was morgens nur grau gewesen war und eintönig, sieht gegen Mittag schwarz und lebensbedrohlich aus. Eigentlich sehr beeindruckend, nur im Moment passt es Anobella nicht, Anobella würde gern in den Park gehen und dort über den verfluchten Bohnerwachs weitermeditieren.
Zeilenstand: Viereinhalb im Fließtext.
Anobella hat Hunger. Sie kocht Miracoli und verfeinert das mediterrane Gericht mit Kapern, Oliven und getrockneten Tomaten.
Draußen verfärbt sich der Himmel in bedrohliche schwarz-orangene Streifenmuster. Reine italienische Renaissance.
Anobella beschließt, in die Stadt zu gehen und eine neue Druckerpatrone zu kaufen. Den Einkaufszettel, auf dem mit einem Edding-Stift NUMMER 300 vermerkt ist, lässt sie auf dem Tisch liegen, bemerkt es schon draußen auf dem Bürgersteig, findet aber nicht die Kraft, zurück in die Wohnung zu gehen und den Zettel zu holen. Bis zum Karstadt spricht sie mantraartig Nummer 300, Nummer 300, Nummer 300, Nummer 300, Nummer 300.
Das Gewitter kommt herunter und Anobella wird nass bis auf die Haut.
Die Patrone Nummer 300 kostet fünf Euro mehr als die für den alten Drucker und Anobella geht griesgrämig zur Kasse.
Die Kassiererin zieht den Preis ab und Anobella reicht ihr - immer noch tropfend - ihre Karte.
„Das ist die AOK-Karte“, sagt die Kassiererin und reicht sie ihr zurück.
Anobella lacht. „Und beim Arzt mache ich es umgekehrt! Der kriegt dann die Bankkarte!“
Anobella lacht allein.
Anobella verlässt die Abteilung über den Hauptgang und betritt sie wieder über den Seiteneingang. Diskret prüft sie den Preis für die Druckerpatrone nach. Es kam ihr einfach zu viel vor, aber es hat natürlich alles seine Richtigkeit.
Anobella vergisst auf dem Rückweg, Brot und Käse zu kaufen.
Zu Hause reißt Anobella die Tintenpatronenverpackung auf die gleiche hysterische ARt und Weise auf wie die von Nummer 22. Das dauert natürlich viel länger, als wenn Anobella vernünftig vorgegangen wäre – weil Anobella dazu ein Brotmesser und einen Dosenöffner braucht – so dass sie erst zehn Minuten später die Patrone einsetzen kann.
Ihr Laptop meldet, ihre Tintenpatrone sei leer und sie möchte sich bitte bei Hewlett & Packard eine neue besorgen. In vorauseilendem Gehorsam verbindet sie ihr Laptop schon mal mit Hewlett & Packard und Hewlett & Packard meldet, es sei willing & able.
Nachdem sie das Fenster mit einem „Ok“ weggeklickt hat, erteilt Anobella den Druckauftrag vom Vortag neu, worauf ihr Samsung meldet, ihr Drucker hätte einen Papierstau. Deswegen leite Samsung sie jetzt um zu Hewlett & Packard, die anzeigen, dass ihre Tintenpatrone leer sei.
Anobella fährt den Laptop wieder herunter und wieder herauf.
Der Computer meldet, ihr Drucker hätte einen Papierstau und leitet sie um zu Hewlett & Packard, das weiterleitet zu Hilfe.
Anobella wiederholt diesen Vorgang drei Mal.
Das Telefon klingelt, der Nachbar ist dran und erzählt ihr eine Anekdote aus seinem ereignisarmen Leben, deren Pointe Anobella entgeht.
BOHNERWACHS!
Anobella geht zurück in ihr Arbeitszimmer. Der Drucker hat ihr Dokument sieben Mal ausgedruckt plus zwei Dokumente von vorgestern und das Papier ist alle.
Der Laptop meldet, das Papier sei alle und er habe eine neue Tintenpatrone eingesetzt.
Es ist Abend geworden. Anobella kocht sich erneut Miracoli, diesmal ohne Kapern, Oliven und getrocknete Tomaten.
Sommerloch, schwarzes Loch.
Anobella - 14. Jul, 10:43