Wahrscheinlich ist Rauchen im Präsidium schon längst verboten.
*muss ihr Manuskript aktualisieren
Während die Praktikanten zur Pinnwand traten und berieten, welche Pizza sie bestellen sollten, verließen die anderen das Büro und fuhren im Paternoster ins Erdgeschoss. Die Kollegen gingen palavernd davon und Leichhardt wanderte über den Marktplatz. Er musterte die Auslagen der Geschäfte und kaufte sich ein Herrenhemd. Dann besorgte er für Isabelle im Caligarikino eine Monatskarte. Die Fassbinder-Retrospektive lief noch den ganzen Oktober. Auf den Plakaten war Lilli Marlen angekündigt: Hanna Schygulla, jung, strahlend, schön.
Die Kassiererin schenkte ihm ein freundliches Lächeln und fragte, ob er Fassbinder mochte.
Er nickte. Ob sie seine Filme kannte? Sie war noch so jung.
Wenig später betrat er ein Restaurant im Altstadtschiffchen. Es war noch früh und das Gastzimmer bis auf zwei Tische leer. Während er auf das Essen wartete, hörte er einem Pärchen am Nebentisch zu. Sie regten sich über Freunde auf, die bei ihnen gewohnt hatten. Wochenlang hatten sie sich eingenistet und am Schluss nicht mal zehn Euro für den Kaffee dagelassen. Dabei hatte das Pärchen sie nach Mainz gekarrt, nach Darmstadt, nach Frankfurt.
„Die Suppe!“ Der Wirt stellte ihm eine kleine Terrine auf den Tisch. Es war eine pürierte Kartoffelsuppe.
Leichhardt deutete auf seinen Wein.. „Das ist ein Merlot, oder?“
Überrascht sah ihn der Wirt an. „Ja. Du nimmst doch immer Merlot, Leichhardt!“
„Ach so?“
„Also von Wein hast du echt keine Ahnung!“
Plötzlich ging dem Kommissar dieses ganze Wein- und Essensgetue auf die Nerven. Diese ständigen Unterstellungen, dass er ein geschmacksnervenloser Fast-Food-Konsument sei, ein Discounterjunkie, ein Zellophangummibrötchenverdrücker. „Oliven hab ich schon immer gemocht“, bekannte er.
Der Wirt lachte. „Netter Versuch! Wenn du Moraiolo gesagt hättest, das hätte mich beeindruckt. Aber Oliven? Nicht gut genug.“
Das Präsidium war leer geworden, als er gegen Neun zurückkehrte. Die Praktikanten unterhielten sich prächtig über ihre Bildschirme hinweg. Seelbach, der in den Augen seiner Kollegin in den letzten zwei Stunden offenbar an sexueller Attraktivität gewonnen hatte, sagte gerade, dass er keine Lust mehr hatte auf seinen Pflegevater. Der war nach Berlin abgehauen, als er sechs war. Sein richtiger Vater war kurz nach seiner Geburt gestorben, bei einem Verkehrsunfall. Seine Mutter hatte sich einen Neuen gesucht, eine totale Niete, und diese Niete versuchte jetzt dauernd, ihn nach Berlin einzuladen. Ein lieber Kerl, aber er hatte keine Lust auf Berlin.
„Berlin? Cool! Da ist wenigstens was los! Anders als hier!“, rief Sofia. „Da würde ich hinziehen!“
Seelbach schüttelte den Kopf. „Ich hasse Berlin. Wir sind mal mit der Schule hin, ätzend. Alles so riesig. Die Häuser, die Straßen. Allein die Bürgersteige sind breiter als die Wiesbadener Fußgängerzone.“
„Für dich ist das doch das Paradies mit deinen Blades. Ich weiß nicht, was du hast.“
Leichhardt fuhr seinen Rechner hoch und checkte seine Mails. Anne-Marie wünschte ihm mit einer selbstgebastelteln Lara-Croft-Tombraider-Karte eine Gute Nacht, und in der Mailingliste des Polizeisportvereins fand sich eine 70-Antworten-Off-Topic-Diskussion über zu viel Rauchen im Präsidium. Der Rest war Spam.
Während die Praktikanten zur Pinnwand traten und berieten, welche Pizza sie bestellen sollten, verließen die anderen das Büro und fuhren im Paternoster ins Erdgeschoss. Die Kollegen gingen palavernd davon und Leichhardt wanderte über den Marktplatz. Er musterte die Auslagen der Geschäfte und kaufte sich ein Herrenhemd. Dann besorgte er für Isabelle im Caligarikino eine Monatskarte. Die Fassbinder-Retrospektive lief noch den ganzen Oktober. Auf den Plakaten war Lilli Marlen angekündigt: Hanna Schygulla, jung, strahlend, schön.
Die Kassiererin schenkte ihm ein freundliches Lächeln und fragte, ob er Fassbinder mochte.
Er nickte. Ob sie seine Filme kannte? Sie war noch so jung.
Wenig später betrat er ein Restaurant im Altstadtschiffchen. Es war noch früh und das Gastzimmer bis auf zwei Tische leer. Während er auf das Essen wartete, hörte er einem Pärchen am Nebentisch zu. Sie regten sich über Freunde auf, die bei ihnen gewohnt hatten. Wochenlang hatten sie sich eingenistet und am Schluss nicht mal zehn Euro für den Kaffee dagelassen. Dabei hatte das Pärchen sie nach Mainz gekarrt, nach Darmstadt, nach Frankfurt.
„Die Suppe!“ Der Wirt stellte ihm eine kleine Terrine auf den Tisch. Es war eine pürierte Kartoffelsuppe.
Leichhardt deutete auf seinen Wein.. „Das ist ein Merlot, oder?“
Überrascht sah ihn der Wirt an. „Ja. Du nimmst doch immer Merlot, Leichhardt!“
„Ach so?“
„Also von Wein hast du echt keine Ahnung!“
Plötzlich ging dem Kommissar dieses ganze Wein- und Essensgetue auf die Nerven. Diese ständigen Unterstellungen, dass er ein geschmacksnervenloser Fast-Food-Konsument sei, ein Discounterjunkie, ein Zellophangummibrötchenverdrücker. „Oliven hab ich schon immer gemocht“, bekannte er.
Der Wirt lachte. „Netter Versuch! Wenn du Moraiolo gesagt hättest, das hätte mich beeindruckt. Aber Oliven? Nicht gut genug.“
Das Präsidium war leer geworden, als er gegen Neun zurückkehrte. Die Praktikanten unterhielten sich prächtig über ihre Bildschirme hinweg. Seelbach, der in den Augen seiner Kollegin in den letzten zwei Stunden offenbar an sexueller Attraktivität gewonnen hatte, sagte gerade, dass er keine Lust mehr hatte auf seinen Pflegevater. Der war nach Berlin abgehauen, als er sechs war. Sein richtiger Vater war kurz nach seiner Geburt gestorben, bei einem Verkehrsunfall. Seine Mutter hatte sich einen Neuen gesucht, eine totale Niete, und diese Niete versuchte jetzt dauernd, ihn nach Berlin einzuladen. Ein lieber Kerl, aber er hatte keine Lust auf Berlin.
„Berlin? Cool! Da ist wenigstens was los! Anders als hier!“, rief Sofia. „Da würde ich hinziehen!“
Seelbach schüttelte den Kopf. „Ich hasse Berlin. Wir sind mal mit der Schule hin, ätzend. Alles so riesig. Die Häuser, die Straßen. Allein die Bürgersteige sind breiter als die Wiesbadener Fußgängerzone.“
„Für dich ist das doch das Paradies mit deinen Blades. Ich weiß nicht, was du hast.“
Leichhardt fuhr seinen Rechner hoch und checkte seine Mails. Anne-Marie wünschte ihm mit einer selbstgebastelteln Lara-Croft-Tombraider-Karte eine Gute Nacht, und in der Mailingliste des Polizeisportvereins fand sich eine 70-Antworten-Off-Topic-Diskussion über zu viel Rauchen im Präsidium. Der Rest war Spam.
Anobella - 20. Nov, 07:51
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