Zaki Kaplan
(Name geändert)
3
„Name?“
„Kaplan!“
Mit unbewegter Miene tippte Edmund den Namen in das Computerformular ein.
Der junge Mann lachte. „Mit dem Typ aus Köln hab ich nix zu tun, gell! Wir sind Christen. Aramäer, um genau zu sein.“ Er nickte Edmund zu, als müsste er Bescheid wissen.
Ständig saßen junge Leute vor Edmund, die fanden, dass er Bescheid wissen müsste.
„Geburtsdatum?“
„ ... Mesopotamien, falls Ihnen das was sagt. Das Land zwischen Euphrat und Tigris. Jesus war einer von uns.“
Edmund fuhr sich durchs Haar. Das behaupteten sie alle. Entweder war Jesus oder Mohammed einer von ihnen. Dauernd fingen irgendwelche halbgare Jungs irgendwelche religionstheoretischen Diskurse mit ihm an – statt ihm ihr Geburtsdatum zu sagen.
„Die Türken haben uns vor hundert Jahren vertrieben! Böse Sache!“
Jetzt dämmerte Edmund doch was. Waren die Aramäer identisch mit den Armeniern? Die waren doch auch von den Türken vertrieben worden? Rasch klickte er ins Netz auf ein Onlinelexikon: Nein, waren sie nicht. Ihre Geschichte ähnelte zwar der der Armenier, aber sie waren keine Armenier.
Zaki Kaplan war Edmund sympathisch. Gut so. Sympathie half bei der Jobsuche. Zur Zeit arbeitete er in einer italienischen Pizzabäckerei und belieferte unter anderem die katholische Kirche. Nette Leute, sagte er, das glaubte man gar nicht. Was er beruflich machen wollte? Automechaniker? Ging das?
Edmund betrachtete sein Zeugnis: Zakis Durchschnitt war lausig: Dreizwo. Aber er war ein hellwacher, blitzgescheiter Bursche. Er erzählte ihm Geschichten aus dem Alltasgwahnsinn der Aramäer in Frankfurt, während er seine Unterlagen durchging. Den Diskussionen mit den Türken, den Kurden, dem allgemeinen Sprachwirrwarr. Sein Trick? Cool bleiben.
„Also was mache ich jetzt, Herr Görtz?“ Gespannt sah Zaki ihn an.
Er stellte sich alles sehr einfach vor, merkte Edmund. Er war ein dieser Jungen, dem er mehr gewünscht hätte, als ihm offenstand. Am liebsten hätte er ihn zurück zur Schule geschickt. Den Realschulabschluss nachmachen. Eine höhere Laufbahn anstreben als nur Automechaniker.
„Ich habe hier einen Schnelltest“, sagte er und holte ein Bündel Papiere aus der Schublade. „Um Ihren Bildungsstand zu überprüfen.“
Zaki lachte. „Der Bildungsstand ist Scheiße, Herr Görtz, das sage ich Ihnen gleich. Hab üble Lehrer gehabt.“
Edmund kamen die Tränen. Das hatten sie alle.
„Uh ... oh ... das letzte Jahr ... alles verzockt.“
„Schauen wir mal, was Sie von deutscher Geschichte wissen.“
„Geschichte? Hey! Ich will Automechaniker werden!“
„Wer war der erste deutsche Bundeskanzler?“
„Mann, hätte ich gewusst, das Sie mich hier abfragen ... wie hieß der nochmal ...irgendwas mit A ...“, Zaki schnippte mit den Fingern, „warten Sie! ... nix sagen! ... Ich komm drauf! ... Zweiter Buchstabe?“
Edmund lächelte. „D.“
Zaki schlug sich auf die Schenkel. „Adenau! Stimmts? Hab ich recht?“
Edmund blätterte auf die nächste Seite. „Adenauer! Jetzt Geografie! Der längste Fluss der Erde?“
Zaki machte eine abwertende Handbewegung. „Einfach! Der Nil!“
„Okay, Biologie: Wieviele Zähne hat der Mensch?“
Zaki rollte mit den Augen. „32! Stellen Sie doch mal eine richtige Frage!“
"Wie heißt die binomische Formel?", fragte Edmund.
Zaki lachte. "Welche, Herr Görtz?"
Edmund hatte keine Ahnung. "Die bekannteste."
"Nehmen wir doch a plus b in Klammern zum Quadrat gleich a Quadrat plus zwei a b plus b Quadrat!"
Edmund seufzte. "Nehmen wir die."
Hatte er doch richtig geraten. Der Bursche war fit. „Welche Nationalität war Kolumbus?“
„Äh, keine Ahnung. Portugiese? Spanier?“
Edmund schüttelte den Kopf.„Italiener. Er kam aus Genua.“
Zaki ärgerte sich. „Hätte ich wissen können! Ich guck immer Galileo auf Pro Sieben, wissen Sie? Spitzensendung!“
Edmund bestärkte ihn darin, sie weiter zu gucken. „Ich begreife nicht, wie Sie so einen miserablen Durchschnitt haben können, Herr Kaplan!“, meckerte er.
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„Name?“
„Kaplan!“
Mit unbewegter Miene tippte Edmund den Namen in das Computerformular ein.
Der junge Mann lachte. „Mit dem Typ aus Köln hab ich nix zu tun, gell! Wir sind Christen. Aramäer, um genau zu sein.“ Er nickte Edmund zu, als müsste er Bescheid wissen.
Ständig saßen junge Leute vor Edmund, die fanden, dass er Bescheid wissen müsste.
„Geburtsdatum?“
„ ... Mesopotamien, falls Ihnen das was sagt. Das Land zwischen Euphrat und Tigris. Jesus war einer von uns.“
Edmund fuhr sich durchs Haar. Das behaupteten sie alle. Entweder war Jesus oder Mohammed einer von ihnen. Dauernd fingen irgendwelche halbgare Jungs irgendwelche religionstheoretischen Diskurse mit ihm an – statt ihm ihr Geburtsdatum zu sagen.
„Die Türken haben uns vor hundert Jahren vertrieben! Böse Sache!“
Jetzt dämmerte Edmund doch was. Waren die Aramäer identisch mit den Armeniern? Die waren doch auch von den Türken vertrieben worden? Rasch klickte er ins Netz auf ein Onlinelexikon: Nein, waren sie nicht. Ihre Geschichte ähnelte zwar der der Armenier, aber sie waren keine Armenier.
Zaki Kaplan war Edmund sympathisch. Gut so. Sympathie half bei der Jobsuche. Zur Zeit arbeitete er in einer italienischen Pizzabäckerei und belieferte unter anderem die katholische Kirche. Nette Leute, sagte er, das glaubte man gar nicht. Was er beruflich machen wollte? Automechaniker? Ging das?
Edmund betrachtete sein Zeugnis: Zakis Durchschnitt war lausig: Dreizwo. Aber er war ein hellwacher, blitzgescheiter Bursche. Er erzählte ihm Geschichten aus dem Alltasgwahnsinn der Aramäer in Frankfurt, während er seine Unterlagen durchging. Den Diskussionen mit den Türken, den Kurden, dem allgemeinen Sprachwirrwarr. Sein Trick? Cool bleiben.
„Also was mache ich jetzt, Herr Görtz?“ Gespannt sah Zaki ihn an.
Er stellte sich alles sehr einfach vor, merkte Edmund. Er war ein dieser Jungen, dem er mehr gewünscht hätte, als ihm offenstand. Am liebsten hätte er ihn zurück zur Schule geschickt. Den Realschulabschluss nachmachen. Eine höhere Laufbahn anstreben als nur Automechaniker.
„Ich habe hier einen Schnelltest“, sagte er und holte ein Bündel Papiere aus der Schublade. „Um Ihren Bildungsstand zu überprüfen.“
Zaki lachte. „Der Bildungsstand ist Scheiße, Herr Görtz, das sage ich Ihnen gleich. Hab üble Lehrer gehabt.“
Edmund kamen die Tränen. Das hatten sie alle.
„Uh ... oh ... das letzte Jahr ... alles verzockt.“
„Schauen wir mal, was Sie von deutscher Geschichte wissen.“
„Geschichte? Hey! Ich will Automechaniker werden!“
„Wer war der erste deutsche Bundeskanzler?“
„Mann, hätte ich gewusst, das Sie mich hier abfragen ... wie hieß der nochmal ...irgendwas mit A ...“, Zaki schnippte mit den Fingern, „warten Sie! ... nix sagen! ... Ich komm drauf! ... Zweiter Buchstabe?“
Edmund lächelte. „D.“
Zaki schlug sich auf die Schenkel. „Adenau! Stimmts? Hab ich recht?“
Edmund blätterte auf die nächste Seite. „Adenauer! Jetzt Geografie! Der längste Fluss der Erde?“
Zaki machte eine abwertende Handbewegung. „Einfach! Der Nil!“
„Okay, Biologie: Wieviele Zähne hat der Mensch?“
Zaki rollte mit den Augen. „32! Stellen Sie doch mal eine richtige Frage!“
"Wie heißt die binomische Formel?", fragte Edmund.
Zaki lachte. "Welche, Herr Görtz?"
Edmund hatte keine Ahnung. "Die bekannteste."
"Nehmen wir doch a plus b in Klammern zum Quadrat gleich a Quadrat plus zwei a b plus b Quadrat!"
Edmund seufzte. "Nehmen wir die."
Hatte er doch richtig geraten. Der Bursche war fit. „Welche Nationalität war Kolumbus?“
„Äh, keine Ahnung. Portugiese? Spanier?“
Edmund schüttelte den Kopf.„Italiener. Er kam aus Genua.“
Zaki ärgerte sich. „Hätte ich wissen können! Ich guck immer Galileo auf Pro Sieben, wissen Sie? Spitzensendung!“
Edmund bestärkte ihn darin, sie weiter zu gucken. „Ich begreife nicht, wie Sie so einen miserablen Durchschnitt haben können, Herr Kaplan!“, meckerte er.
Anobella - 23. Apr, 18:56
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