Wolf Haas im Gespräch mit Werner Schandor über die Arbeit mit seinem Lektor.
Meistens ist es so, dass Lektoren vor allem stilistische Probleme von Autoren behandeln. Bei mir ist es eher umgekehrt; diese Sprache, die ist eigentlich, wie sie ist, da wird im Detail nicht viel herumkorrigiert. Und das Prinzip dieser Bücher ist ja auch, dass ich mich beim Erzählen von dieser Sprache irgendwie wegtragen lasse. Dadurch hat der Lektor eher die Aufgabe, mich aufmerksam zu machen, dass ich mich manchmal irgendwo sozusagen allzu sehr verstiegen habe, oder dass irgendein Kapitel oder die Abschweifung von der Abschweifung der Abschweifung... - dass das schon soweit führt, dass es eigentlich schon unerträglich ist, und dann macht er mich darauf aufmerksam, dass man das auch etwas straighter und etwas näher an der Gattung Kriminalroman belassen sollte.
Kannst du ein konkretes Beispiel dafür nennen?
Ja. Bei meinem zweiten Buch, Der Knochenmann, das in Klöch spielt, da gibt es eine Knochenmehlmaschine, die immer surrt, und das hat mir so gut gefallen beim Schreiben, die surrt und surrt überall, wo man hinkommt. Und das ist irgendwie ein gutes Element in dem Roman. Aber ich war der Meinung, das genügt eigentlich an Spannung. Es hat überall gesurrt, und mir ist das irgendwie gespenstisch vorgekommen. Aber Wolfram Hämmerling hat gesagt, na ja es ist eh schön, aber es ist halt kein Kriminalroman, nur wenn am Anfang Knochen gefunden werden und am Schluss wird es aufgelöst. Und dazwischen war vor allem sozusagen Klöchmilieu und surrende Knochenmehlmaschine. Ich habe das noch richtig gut im Ohr, wie mir Wolfram Hämmerling am Telefon schweren Herzens mitgeteilt hat, dass das jetzt nicht so optimal ist, und er hat in seiner schönen Lübecker Sprache gesagt: "Ruhig noch einen Mord einfügen".
Anobella - 29. Nov, 09:59
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