Wenn Männer zu viel schreiben (2): Charles Baudelaire, Das Weib.
Das Wesen, das für die meisten Menschen die Quelle der lebhaftesten und, zur Schande aller philosophischen Wonneträume, auch der dauerhaftesten Genüsse ist; das Wesen, dem oder dessen Vorteil all ihr Streben gilt, dieses furchtbare und wie Gott unmitteilbare Wesen (mit dem Unterschiede, dass das Unendliche sich nicht mitteilt, weil es das Endliche blenden und zermalmen würde, während das Wesen, von dem wir sprechen, vielleicht nur deshalb unbegreiflich ist, weil es nichts mitzuteilen hat); jenes Wesen, in dem Joseph de Maistre ein schönes Tier sah, dessen Reize das ernsthafte Spiel der Politik fröhlicher und ungezwungener machen; für das und durch das Vermögen gewonnen und verloren werden; für das und noch mehr durch dessen Einfluss Künstler und Dichter ihre köstlichsten Werke hervorbringen, von dem die entnervendsten Genüsse und befruchtendsten Qualen kommen, mit einem Worte: das Weib ist für den Künstler im allgemeinen und für Guys im besonderen nicht allein das Weibchen des Mannes. Es ist vielmehr eine Gottheit, ein Gestirn, das alle Schöpfungen des männlichen Gehirns anregt, eine Spiegelung aller Reize der Natur in einem einzigen Wesen verdichtet, der Gegenstand der lebhaftesten Bewunderung und Neugierde, die das Bild des Lebens dem Betrachtenden zu geben hat. Eine Art von Götzenbild, dumm vielleicht, aber blendend, bezaubernd, Schicksal und Wille mit den Blicken lenkend. Es ist nicht nur ein Tier, dessen fehlerfrei zusammengepasste Glieder ein vollkommenes Beispiel der Harmonie darbieten, auch nicht der Typus der reinen Schönheit, von der die Bildhauer in den höchsten Stunden des Schauens träumen. Das alles würde noch nicht genügen, seinen geheimnisvollen und vielfältigen Zauber begreiflich zu machen. Hier können wir mit Winckelmann und Raffael nichts anfangen; und ich bin ganz sicher, dass Guys trotz der Weite seines Intellekts (womit ich ihm keinen Vorwurf machen will) eine antike Skulptur hintansetzen würde, wenn er dadurch die Gelegenheit verlöre, sich mit Genuss einem Bildnis von Reynolds oder Lawrence hinzugeben. Alles, was das Weib schmückt und dazu dient, seine Schönheit hervorzuheben, ist ein Teil von ihm, und die Künstler, die sich das Studium dieses rätselvollen Wesens zur eigentlichen Aufgabe gemacht haben, sind in das Ganze der weiblichen Sphäre ebenso vernarrt wie es selber. Ohne Zweifel ist das Weib einem Strahl, einem Blick zuweilen einem Wort des Glücks, einer Aufforderung zum Glück vergleichbar, aber vor allem ist es eine harmonische Einheit, nicht nur in Haltung und Bewegung seiner Glieder, sondern auch in Tüchern, Schleiern, den weiten und schimmernden Stoffwolken, die es umhüllen und Beigaben und Grundstein seiner Göttlichkeit bilden.“
Anobella - 18. Aug, 16:07
Was hier los? Anobella jetzt ein Männerhasserblog oder was?