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Das Poelzigbaukapitel.

(Bin aber noch unsicher, ob ich es nicht im Cafe Rotunde spielen lassen soll. Geht beides.

*recherchiert nach der Frankfurter Psychiatrie
**auch Uni Frankfurt?
***hört die Carmina Burana)

„Vergisst du in letzter Zeit auch ständig die Namen?“, fragte Udo Edmund.
„Nein, eigentlich nicht“, überlegte er.
Von der anderen Seite näherte sich Sylvie und bot ihm eine Zigarette an. „Miriam sagt, du bist netzsüchtig!“, lachte sie. Sie war etwas beschwipst.
Edmunds Feuerzeug schnappte vor ihrem Gesicht auf. „Unsinn. Ich habe eben erst damit angefangen und kann jederzeit damit aufhören“, widersprach er. „Gib mir ein Haus auf dem Land – es kommt mir kein Computer, kein Telefon, kein Fernseher rein!“
Sylvie ließ sich seinen Ausdruck auf der Zunge zergehen. „Interagieren ...“ Frivol sah sie Edmund an und sein Mund klappte zu einer Antwort auf, aber da hakte ihn Udos Freundin Silke unter.
Edmund konnte sie nicht leiden. Lange hatten er und Miriam sie Udo zuliebe ertragen, aber zuletzt hatte Miriam darum gebeten, dass sie nicht zu ihrem Geburtstag erscheine.
„Nimms uns nicht übel, Udo“, Edmund hatte sich loyal auf Miriams Seite gestellt, „aber es wäre uns lieber, wenn du Silke am Samstag nicht mitbringen würdest. Sie ist wie ein schwarzes Loch am Tisch. Sagt nie was. Man kann froh sein, wenn eine Unterhaltung gegen sie zustande kommt. Oder man muss sie ignorieren. Beides ist unproduktiv. Dauernd ihr gelangweiltes Gesicht.“
Udo sah es genauso, auch für ihn war es anstrengend, sich ständig durch Blicke bei Silke rückzuversichern, ob es ihr gefiel – und ihrem Blick nach zu urteilen, gefiel es ihr nie. Sie versteinerte in Gesellschaft. Hatte keinen Sinn für Ironie, nahm für bare Münze, was an Scherzen um den Tisch ging. Und ihr lag nichts an seinen Freunden, aber dabei sein wollte sie immer.
Jetzt hatte die Netzsucht sie in Edmunds Arm getrieben. Sie schrieb darüber ihre Doktorarbeit und suchte nach Probanden.
„Die Internetsucht rangiert als Geißel des 21. Jahrhunderts. Gleich nach der Panikattacke, den Depressionen und dem Übergewicht“, erklärte Silke. „Und Profilierungsneurosen, Potenzproblemen und multiplen Allergien.“
Edmund hatte keines dieser Probleme, außer vielleicht Panikattacken, weil Silke sich bei ihm untergehakt hatte. Forschend sah er sie an. Wenn ihre Einlassung ironisch gemeint gewesen war, war sie wunderbar. Ein ätzender Seitenhieb auf mindestens die Hälfte der Partygäste.
Aber Silke meinte es wie immer ernst. Sie zog ihre Hornbrille auf ihre Nase herunter und schlug ihm vor, sich nächste Woche an der Uni treffen? Im Casino? Poelzigbau? Wunderbar.


9

Casino. Poelzigbau. Als hätte Edmund sonst nichts zu tun. An der Uni fühlte er sich wie auf einem fremden Planeten, obwohl sie früher mal sein Habitat gewesen war. Er hatte Philosophie und Ethnologie studiert, zwei Orchideenfächer.
Neidisch betrachtete er die palavernden Studenten in der Mensa des Casinos, einem kleinen flachen Gebäude hinter dem Poelzigbau. All das Geschnattere um ihn her mit diesem Seminar hier und jener Vorlesung da. Wie schön die Studenten es heutzutage hatten! Eine richtige Campusatmosphäre, ein richtiger Park! Das ureigenste Verständnis von Universität: Im Sommer mit dem Professor auf der Wiese sitzen und frei über geisteswissenschaftliche Themen debattieren! Edmund gehörte zu jener unglücklichen Zwischengeneration, die in dem Asbestneubau in Bockenheim hatte studieren müssen und sich dort vergiftet hatte (Langzeitschäden – bis jetzt hatte Edmund zwar noch nichts davon gemerkt, aber überall wurde davon geschrieben). Ein Studium unter verschärften Bedingungen. Und, was war dabei herausgekommen? Na? Eben. Er malochte in der Arbeitsagentur.
„Der Poelzigbau ist das ehemalige IG-Farben-Haus, hier wurde das Gas für Auschwitz produziert“, leitete er das Gespräch mit Silke ein. Sie hatte keine Ahnung von den IG Farben und Hoechst, und wie es schien, auch nicht von den Nazis.
„Schon so lange her“, war ihre Antwort.
Okay. Er versuchte es mit der jüngeren Geschichte. „Nach dem Krieg sind hier die Amis eingezogen. In diesem Casino haben die Offiziere diniert.“
Silke hängte ihr Jacke über den Stuhl und packte ihre Unterlagen auf den Tisch.
Okay. Jüngste Geschichte. „Nach der Wende sind die Amerikaner abgezogen und der Poelzigbau wurde frei. Die Stadt Frankfurt hat das Gelände für die Geisteswissenschaften umgebaut.“
Silke klappte den Fragebogen auf.
„Ich bin nicht internetsüchtig“, sagte Edmund, bevor sie anfangen konnte. “Miriam hat das auf der Party nur so dahingesagt, um mich zu ärgern.“
Silke begann ungerührt, mit Edmund die Fragen durchzugehen. Seit wann war er im Internet? Wieviele Stunden verbrachte er dort täglich? Surfte er nur zu Hause oder auch auf der Arbeit? Wieviele Mailadressen hatte er? Wieviele Avatare? Wieviele Webseiten? Wieviele Weblogs? Wieviele Foren besuchte er? Kaufte er bei E-bay ein? Nutzte er die Wikipedia? Kannte er MySpace? Las er die Online-Ausgaben der Printmedien? Schaute er Fernsehen im Netz? Hörte er Radio?
Fast alle dieser Fragen konnte Edmund guten Gewissens mit internetunsüchtigen Antworten beantworten: Er hatte keine Webseite, kein Weblog, keinen Avatar und kaufte nicht bei E-bay ein (obwohl er das dringend wegen seiner horrenden Druckerpatronenkosten hätte tun sollen; der Nordpolarisierer hatte ihm schon eine Adresse in die Mail gelegt, aber Edmund hatte noch keine Zeit gefunden, sich darum zu kümmern). Er befand sich erst am Anfang seiner Internetkarriere, behauptete er auf Silkes präzisere Fragen, und ja, er hatte vor, eine Webseite anzulegen und ein Blog auch. Und die Zeit abzubestellen, weil es praktischer war, sie online zu lesen (zumal auf der Arbeit, weil es der Chefin weniger auffiel, als wenn er das Monstrum auf dem Schreibtisch liegen hatte).
„Kannst du dir vorstellen, ein Buch im Netz zu lesen?“, fragte Silke.
Edmund schüttelte sich. „Furchtbare Vorstellung! Ich meine, Silke, überleg doch mal“, er beugte sich über den Tisch, „das Internet ist nützlich, klar. Wer wollte das bestreiten? Aber es ist nicht schön. Okay, natürlich gibt es schöne Webseiten, aber sie ersetzen doch keine Bücher!“ Er lachte. „Sie geben sich noch nicht genug Mühe mit den E-books“, (Silke machte sich eine Notiz, dass er den Begriff E-book kannte), „Bei einem Buch hast du einen Umschlag und eine Einführung und eine Einordnung, aber wenn sie im Netz anfangen, Bücher so zu veröffentlichen, dass es netzgerecht wäre“, seine Augen begannen zu glänzen, „wenn du also beispielsweise nicht nur auf den Namen Franz Werfel ...“, unwillkürlich hatte er wieder an Kafka gedacht, „... sondern auf den Link Franz Werfel triffst“, sie schien zu verstehen und schrieb eifrig mit, „und damit auf eine Onlinebibliothek – wurscht welche – verwiesen wirst: dann von mir aus. Dann wird das Lesen von Büchern im Netz attraktiv. Ist sinnvoll und zeitsparend. Aber denk doch nur, dass du in einem geschichtlichen Werk auf den Dreißigjährigen Krieg und Martin Luther triffst und du hast keine Ahnung davon. Wenn du da mit dem traditionellen Buch in deinem traditionellen Zuhause sitzt ...“ (das war jetzt Quatsch, aber Edmund war in Schwung und wollte nicht kleinmütig korrigieren) „ ...aufstehen und nachschlagen“, er machte aufstehen und nachschlagen vor, „und dann, Silke, dann ...“ er zog bedeutungsvoll die Augenbrauen hoch, „dann tust du genau das nicht. Du informierst dich nicht über den Dreißigjährigen Krieg und Martin Luther, sondern liest uninformiert in deinem langweiligen, normalen, traditionellen Buch weiter.“
Prüfend sah Silke ihn über ihre Hornbrille an. „Du kennst dich sehr gut im Netz aus, Edmund.“ Sie blätterte in dem Fragebogen. „Das widerspricht aber deinen eigenen Angaben. Hast du vorhin geflunkert oder wie habe ich mir das zu erklären?“
Wie hatte sie es sich zu erklären! Er war zu hundert Prozent aufrichtig gewesen. Hatte die Ist-Situation berichtet. Nicht die Soll. Silke musste nicht wissen, dass er sich in exakt zwei Stunden – diskret blickte er auf die Uhr – ein Blog anlegen würde. Ihrer empirischen Untersuchung würde es gut tun, wenn ein Proband noch nichts mit dem Internet am Hut hatte. Oder kaum. Einer, der noch nein sagen konnte. Der nicht von früh bis spät im Netz hing. Sozial verklemmt. Nur ein Zombie.
„Gut.“ Silke zuckte mit den Schultern und wertete gleich Edmunds Fragenbogen aus.
„Du bist nicht internetsüchtig“, verkündete sie dann.
Befriedigt lehnte er sich im Stuhl zurück. Na bitte. Hatte er doch gleich gesagt.
Er versicherte ihr, dass sie das so abgeben konnte bei ihrem Professor. Es gab noch internetfreie Räume in der Gesellschaft, war der Subtext von Edmunds Fragebogen.

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